Koboldland

Die Reise beginnt
Eine Pfannkuchen & Blatt-Geschichte von Simon Heese

Eines schönen Morgens hatte die Hexe Lust auf Pfannkuchen. Also ging sie in ihre Küche, holte eine Schüssel aus dem Schrank, und tat etwas Mehl hinein. Dann wollte sie Milch aus dem Kühlschrank holen, aber da war keine mehr. „Mist”, sagte die Hexe. Sie seufzte, holte einmal tief Luft und zauberte sich dann eine Kuh herbei. „Moin“, sagte die Hexe, aber die Kuh sah sie nur an und kaute weiter ihr Gras. Die Hexe holte einen Eimer und begann die Kuh zu melken.[1]

Als sie genug Milch hatte, machte sie die Hintertür zum Garten auf. „Danke für die Milch. Du kannst dann wieder gehen“, sagte die Hexe zur Kuh. Die Kuh schaute sie noch einmal an und ging dann raus in den Garten. „Bitte vertrag dich mit den anderen, ja?“, rief die Hexe ihr hinterher. Dann goss sie die Milch vom Eimer in die Schüssel zum Mehl und rührte gut um. Eier hatte sie zum Glück noch im Kühlschrank. Sie nahm zwei heraus und schlug sie in die Schüssel. „Dumdidum, lecker Pfannkuchen …“, summte die Hexe und stellte die große Pfanne auf den Herd. Die Pfanne hatte schon eine dicke Kruste, weil Hexen mögen es so. Gibt ein geheimnisvolles Aroma, so eine Kruste. Hexen lieben alles, was geheimnisvoll ist und/oder Aroma hat. Als die Pfanne heiß war, gab sie erst ein kleines Stück Butter dazu und goss dann den Pfannkuchenteig hinein. Der Teig fing schön an zu blubbern und als er fest geworden war, nahm die Hexe die Pfanne vom Herd und schleuderte den Pfannkuchen schwungvoll in die Luft. Er machte einen eleganten Doppelsalto mit vierfacher Schraube, das heißt er drehte sich mehrfach und wirbelte durch die gesamte Küche. Die Hexe hatte zum Glück noch spitzen Reflexe, zumindest für ihr Alter, und fing den Pfannkuchen gerade noch so mit der Pfanne wieder auf. Fast wäre er auf den Boden gefallen. Glück gehabt. Die Hexe stelle die Pfanne wieder auf den Herd, damit die andere Seite vom Pfannkuchen auch schön goldbraun wird.

„Leckerschmecker“, der Hexe lief schon das Wasser im Mund zusammen, „gleich werde ich dich schnabulieren!“ „Nix da!“, rief der Pfannkuchen. „Ich lass’ mich doch nicht von dir essen! Du alte böse Hexe!“ Er sprang aus der Pfanne und rannte zum Küchenfenster. Die Hexe hatte zwar spitzen Reflexe, aber damit hatte sie nicht gerechnet. Einen kurzen Augenblick stand sie mit offenem Mund einfach nur da. Das reichte dem Pfannkuchen. Er machte das Fester auf und sprang raus. „He halt! Du bist doch mein Frühstück!“, rief die Hexe, doch der Pfannkuchen war schon draußen. Er rannte die Straße hinunter und lachte. Beinahe wäre er auf die Straße gerannt und von einem Auto überfahren geworden. „Halt, nein!“, sagte eine rote Katze, die auf dem Fußweg saß und aufmerksam der Geschichte gefolgt war. „Hier wird keiner Überfahren. Der Teil mit dem Braten und Aufessen, war schon aufregend genug.“[2]


Der Pfannkuchen hörte sie aber gar nicht mehr, denn er war bereits eine Straße weiter gelaufen. Glücklicherweise kam gerade ein Bus. „Ha! So komme ich noch schneller weg von hier“, dachte sich der Pfannkuchen und sprang in den Bus. „Halt! Stop!“, sagte der Busfahrer. „Kein Essen im Bus!“ „Das ist Diskriminierung!“, rief der Pfannkuchen, „Gleiches Recht für alle!“ „Genau“, sagte der Busfahrer, der schon einiges gesehen hatte, „gleiches Recht für alle und das heißt: kein Essen im Bus!“ Der Pfannkuchen streckte dem Busfahrer die Zunge raus, aber es war klar, dass hier nix zu machen war. Also sprang er wieder aus dem Bus raus und rannte weiter zu Fuß die Straße runter.

Nach einem halben Kilometer oder so, dem Pfannkuchen mit seinen kurzen Beinen kam es jedenfalls sehr lange vor, kam er an einem Teeladen vorbei. „Huiii, was ist das denn?“, sagte der Pfannkuchen. „So was Leckeres hab ich noch nie gerochen.“ Er blieb stehen und schnupperte, dann ging er in den Laden rein. „Hallo, was riecht hier so lecker?“, fragte er den Verkäufer. „Das ist Tee. Bis du etwa ein Pfannkuchen?“, wunderte sich der Verkäufer. „Ja, bin ich. Hast du ein Problem damit?“, antwortete der Pfannkuchen schnippisch. „Ich denke nicht.“ „Gut.“ „Möchtest du etwas Tee kaufen?“, erkundigte sich der Verkäufer. „Auf jeden“, war sich der Pfannkuchen sicher. Es roch wirklich sehr, sehr lecker. „Wir haben hier ganz frischen Darjeeling, der ist wirklich erstklassig“, sagte der Verkäufer. „Gut, gib her!“ Der Pfannkuchen streckte die Hand aus. „Einen Moment, ich fülle Ihnen 100 Gramm ab.“ Der Verkäufer öffnete eine große Metalldose und schüttete den frischen Tee in eine Tüte. „Hier bitte sehr. Macht 35 Euro.“ Der Pfannkuchen nahm die Tüte und ging zur Tür. „Halt, sie müssen noch bezahlen!“, rief der Verkäufer. „Bezahlen? So was mach’ ich nicht!“, erwiderte der Pfannkuchen lachend und ging weiter zur Tür. „Stopp, bleiben Sie stehen oder ich ruf’ die Polizei!“, schrie der Verkäufer. „Mach doch!“ Der Pfannkuchen war wenig beeindruckt. Er öffnete die Tür und rannte raus. Wieder auf dem Bürgersteig sah er am Ende der Straße die Hexe. „Oh Mist, die schon wieder“, dachte sich der Pfannkuchen und rannte lieber in die andere Richtung. In dieser Richtung kam zwar keine Hexe, aber dafür die Polizei. Dummerweise haben Straßen nur zwei Richtungen. Also hatte der Pfannkuchen die Wahl zwischen der Hexe, die ihn frühstücken wollte und der Polizei. Was so eine Polizei machte, wusste der Pfannkuchen noch nicht, aber scharf drauf, es herauszufinden, war er auch nicht. Also hüpfte er kurzerhand durch ein Fenster in einem Haus neben dem Teeladen. Die Hausbewohner schauten ziemlich doof aus der Wäsche. Es passiert ja nicht oft, dass einem ein Pfannkuchen durchs Fenster ins Wohnzimmer hüpft. „Tachchen!“, sagte der Pfannkuchen freundlich, beeilte sich aber, schnell durchs Zimmer zu kommen. „Bin schon wieder weg. Habt ihr einen Hinterausgang? Ja? Super, den nehm’ ich dann. Bis denne!“ Schnurstracks ging er Richtung Hinterausgang. Er musste zwei weitere Zimmer durchqueren, dann hatte er den Hinterausgang gefunden. Uff, das war nochmal gut gegangen. Auf der anderen Seite vom Haus hörte er jetzt die Sirenen der Polizeiautos und Gerufe: „Ein Pfannkuchen hat mich ausgeraubt! Sie müssen ihn verhaften!“ „Das ist mein Frühstück, hier wird nichts verhaftet!“ „Wollen Sie uns veräppeln? Ein Pfannkuchen?!?“ So ging das Hin und Her zwischen Teeverkäufer, Hexe und Polizei.

Der Pfannkuchen grinste. Sollten die sich doch erst einmal klar werden, wer was will. So lange sie diskutierten, konnte er Land gewinnen. Also hüpfte er über den Gartenzaun, schlich sich durch eine schmale Gasse in die nächste Straße und schlenderte dann ganz unauffällig in Richtung Stadtgrenze.

Irgendwie gelang es ihm, kein weiteres Aufsehen zu erregen. Heutzutage hilft es schon, dass jeder in sein Handy schaut. Da fällt ein Pfannkuchen mit Beinen und einem Päckchen Tee unter dem Arm keinem mehr auf. Zumindest keinem Erwachsenen. Ein paar Kinder bemerkten ihn schon. Aber die dachten sich entweder nichts dabei oder Ihre Eltern hörten nicht richtig zu: „Papa, da läuft ein Pfannkuchen!“ - „Jaja, Schatz, du kannst nachher Pfannkuchen haben, wenn du magst. Wir kaufen später noch Eier.“ Einmal schnappte ein Hund nach dem Pfannkuchen. Er stellte aber schnell fest, dass man sich nicht mit Pfannkuchen anlegen sollte, denn der Pfannkuchen schaute ihn sehr streng an. Das mögen die meisten Hunde, wenn man sie streng ansieht. Das heißt nämlich, dass man der Alpha ist und genau weiß, was Sache ist. Und so einem Alpha kann man als Hund dann folgen und alles hat seine Ordnung. Der Pfannkuchen hatte zwar nicht viel Ahnung, was Sache ist, immerhin war er erst vor ein paar Stunden gebacken worden. Aber er hatte die richtige Einstellung und einen sehr entschlossenen Blick. Der Hund merkte also nicht, dass es nur Show war, und hörte sofort auf zu schnappen. „Braver Hund“, sagte der Pfannkuchen. Wenn man das Sagen hat, ist es sehr einfach, freundlich zu sein.

Nach einer Weile war die Stadtgrenze erreicht und der Pfannkuchen kam zum Wald. Er blieb einen Moment stehen und atmete tief durch. Es roch nach Erde und Pflanzen. Fast so gut, wie frischer Tee. So riechen also Freiheit und Abenteuer. Das gefiel dem Pfannkuchen sehr. Also marschierte er weiter hinein in den Wald.


Währenddessen irgendwo anders im Wald hing das Blatt ab. Also eigentlich hing es an seinem Baum. Aber weil es Frühsommer war und das Blatt gerade in der Pubertät war, hing es lieber „ab“ als „am Baum“. Bisher was es ganz okay gewesen, die ganze Zeit am Baum zu hängen. Anfangs war es sogar super. „Oh, Baum, du bist die beste Mama auf der ganzen Welt! Ich will für immer bei dir bleiben und nie weggehen!“, hatte das Blatt damals oft gesagt. Da war es noch klein und frisch geschlüpft. Aber das war schon lange her. Mindestens fünf Wochen oder so. Eine Ewigkeit, besonders, wenn man bedenkt, dass der Pfannkuchen gerade ein paar Stunden alt war. Auf jeden Fall sagte heute das Blatt so was nicht mehr. Es wollte eigentlich gar nicht mehr mit dem Baum reden. Der stand schon seit mindestens hundert Jahren an der gleichen Stelle, hatte noch nie was anderes gesehen und überhaupt, der hatte von nix eine Ahnung. „Du hast doch von nix ‘ne Ahnung. Lass mich in Ruhe!“, sagte es dann zum Baum und hing weiter ab, ohne was zu sagen. Der Baum sagte in solchen Momenten auch nichts, was sollte er da auch sagen?

Aber die ganze Zeit einfach nur abhängen und cool nicht mit seinen Eltern zu reden ist auf Dauer auch nicht spannend. Dem Blatt jedenfalls war das alles langsam so richtig langweilig: „Boah, ist das laaangweilig… hier passiert ja auch wirklich gar nix! Wie lange soll ich hier noch hängen?“

„Bis zum Herbst, mein Schatz“, antwortete der Baum.

„Bis zum Herbst?!? Was meinst du damit?“ Das Blatt war verwirrt.

„Du wirst nur bis zum Herbst hier hängen. Also noch den ganzen Sommer lang.“ Für den Baum war das die klarste Sache auf der Welt. Er hatte das schließlich schon hundert Mal erlebt. Mindestens.

„Den ganzen Sommer lang, bis zum Herbst?! Das sind ja hundert Jahre oder so!“

„Naja, eigentlich nur ein halbes. Aber für dich ist es dann schon der Lebensabend“, der Baum war geduldig, denn er hatte schon sehr, sehr viele Blätter in der Pubertät erlebt.

„Was meinst du mit Lebensabend?“, fragte das Blatt etwas irritiert.

„Im Herbst werden alle Blätter erst bunt und dann fallen sie ab von mir. Schau mal nach unten, da kannst du noch einige Blätter vom letzten Jahr sehen.“ Das war eigentlich etwas gemein vom Baum, dem Blatt so direkt zu sagen, dass es schon bald welk am Boden liegen würde.

„Die sind ja alle vertrocknet!“, rief das Blatt.

„Ja.“

„Und wirklich weit gekommen, sind die auch nicht!“

„Nein. Aber manche werden auch davon geweht.“ Der Baum verstand die Aufregung nicht.

„Davon geweht? Und wenn sie da gar nicht hin wollten? Und überhaupt: was bringt es, wenn man wo hin geweht wird, wenn man schon vertrocknet ist? Da hat man doch gar nichts mehr von!“ Das Blatt war sehr aufgeregt. So ging das nicht. Nicht mit ihm! „Nicht mit mir!“, rief das Blatt. „Ich warte doch nicht hier, bis ich alt und vertrocknet bin. Ich will jetzt die Welt sehen und nicht warten, bis ich als alter Opa vielleicht irgendwo hin geweht werde. Am besten noch wohin, wo ich vielleicht gar nicht hin will!“

„Was willst du dann machen?“, fragte der Baum.

„Ich gehe!“ Das Blatt wirkte sehr entschlossen: „Und zwar jetzt!“

„Aha, und wie willst du das anstellen?“

„Wirst du schon sehen!“

„Da bin ich gespannt …“ Der Baum war nur wenig beeindruckt. Was er nicht wusste: das Blatt war wirklich nicht so, wie die anderen Blätter, und es war wirklich entschlossen. Die meisten Blätter am Baum waren sehr viel weniger wild und abenteuerlustig. Sie fanden es total okay, wo sie waren. In der Pubertät hingen sie ab und machten bei dem leisesten Wind eine Raschelparty. Raschelparties waren der absolute Kracher. Also fanden jedenfalls die meisten Blätter. Aber dieses Blatt fand das nicht.

Es erinnerte sich daran, dass der Baum sie schon öfter bei den Raschelparties ermahnt hatte: „Treibt es bitte nicht zu wild, sonst reißt ihr noch ab und werdet einfach vom Wind weg geweht.“ „Also ist es doch möglich, schon vor dem Herbst hier wegzukommen,“ dachte sich das Blatt. „Wenn ich ganz doll raschel, dann reiße ich ab und kann wegfliegen.“ Das war ein super Plan. Und so machte das Blatt das dann auch: Es raschelte. Erst normal, dann wilder und immer wilder und noch wilder… und riss ab.

„Ha!“, was für ein Triumpf. „Damit hast du nicht gerechnet!“, rief es. Der Baum hatte tatsächlich nicht damit gerechnet. Aber andererseits hatte er in seinem Leben schon so viele Blätter kommen und gehen gesehen, dass er jetzt auch nicht ausflippen musste. „Oh, du hast dich losgerissen“, sagte er ruhig. „So was. Dann wünsche ich dir eine schöne Reise. Pass gut auf dich auf, ja? Ich werde dich vermissen, mein kleines.“

„Ich dich bestimmt auch“, sagte das Blatt. „Ich hab dich lieb, Baum“, fügte es noch schnell hinzu. Es war nämlich jetzt nicht mehr ganz so genervt, dafür aber ziemlich aufgeregt und auch etwas unsicher. Es drückte noch einmal den Baum zum Abschied, holte tief Luft und nahm seinen ganzen Mut zusammen. Dann nahm es Anlauf, winkte ein letztes Mal und mit dem nächsten Lüftchen segelte es davon.


Der Pfannkuchen war in der Zwischenzeit weiter in den Wald spaziert. Am Anfang noch auf dem Waldweg, aber dann war ihm das zu bürgerlich geworden und er ist einfach rechts abgebogen, obwohl rechts gar kein Weg gewesen war. So kam er zwar nicht mehr so schnell voran, aber erstens war es abenteuerlicher und zweitens ging er davon aus, dass die Hexe und der Teeladenbesitzer und ganz besonders die Polizei auf jeden Fall bürgerlich drauf waren und nie im Leben den Waldweg verlassen würden. Er wusste natürlich nicht, dass die Hexe sich längst ein anderes Frühstück organisiert hatte. Der Teeladenbesitzer verließ sich darauf, dass die Polizei den Teedieb verfolgen würde und die Polizei hatte zwischenzeitlich Feierabend gemacht. Also war niemand mehr hinter dem Pfannkuchen her. Das heißt, keiner, von dem der Pfannkuchen wusste. Tatsächlich wurde der Pfannkuchen doch verfolgt, und zwar von einem Paar großer gelber Augen. Die Augen gehörten der Eule, die schon wach war, weil ihre Nachbarn geklingelt hatten, um sich etwas Butter auszuleihen. Von der Nachtschicht war die Schlafenszeit der Eule etwas durcheinander und sie konnte jetzt nicht mehr einschlafen. Also saß sie auf ihrem Lieblingsast und schaute sich die Gegend an. Zuerst sah sie nichts Besonderes: eine Maus, ein Mädchen mit einer roten Mütze, den Wolf, der dem Mädchen folgte, einen Jäger, der offenbar den Wolf suchte, aber in die falsche Richtung ging. Ein ganz normaler Nachmittag. Doch dann sah sie den Pfannkuchen. Das war ungewöhnlich. Natürlich kannte die Eule Pfannkuchen. Ein wirklich grässliches Gericht, das Vegetarier gerne aßen, um darüber hinwegzukommen, dass sie keine Mäuse mehr aßen. Die Eule schüttelte sich vor Ekel. Wie man auf die Idee kommen konnte, süße kleine Eier zu essen, wollte ihr nicht in den Kopf. Aber irgendwer hatte sich einen Pfannkuchen gebacken, denn hier wanderte einer einfach so durch den Wald. Die Eule beobachtete ihn weiter.

Der Pfannkuchen bemerkte natürlich nichts davon. Eulen sind superleise, selbst wenn sie sich auf ihre Beute stürzen, hört man nichts …

„Halt moment!“, sagte die rote Metakatze. „Wir haben schon verstanden, dass verschiedene Leute verschiedene Sachen essen und so. Aber wir müssen jetzt nicht ins Detail gehen, klar? Ich hoffe doch sehr, dass hier keine der Hauptfiguren gegessen wird, oder?“ Nein natürlich nicht. Und die Eule wäre sowieso nie auf die Idee gekommen, den Pfannkuchen zu essen. Also keine Angst.

Der Pfannkuchen hörte wie gesagt die Eule nicht, die ihn mit ihren Augen verfolgte, und wanderte unbekümmert weiter durch den Wald. Da plötzlich sauste etwas an ihm vorbei. Es war nicht die Eule, das hatten wir ja schon geklärt. Es war das Blatt! „Huiiiiii“, rief es, „hast du das gesehen? Ich werde immer besser. Bald kann ich um die ganze Welt fliegen und mir alles ansehen!“

„Wer bist du?“, fragte der Pfannkuchen. „Ich bin das Blatt“, sagte das Blatt, „und wer bist du?“ „Ich bin Zorro, der schrecken der 17 Weltmeere“, sagte der Pfannkuchen.

„Wow, echt jetzt?“

„Nein, ich hab nur Spaß gemacht. Ich bin der Pfannkuchen und komme gerade aus der Stadt. Ein Meer habe ich noch nicht gesehen, geschweige denn alle 17. Aber ich will eins sehen und dann die anderen 16 auch noch!“

„Das ist total cool! Ich will auch alle Weltmeere sehen, Zorro!“

„Das mit dem Namen war auch ein Witz, ich hab keinen Namen. Also einfach nur Pfannkuchen.“

„Ach so. Kein Problem. Dann nenn’ ich dich einfach Pfanni. Oder Kuchi? Pfnnkchn? Ne, das kann keiner aussprechen. Mal schauen, wenn wir ‚Pf‘, ‚kuch‘ und ‚n‘ weglassen, bleibt ‚Anne‘ übrig …“

Der Pfannkuchen schaute skeptisch: „Ich nutze lieber die Pronomen ‚er‘ und ‚ihn‘. Weißt schon, weil es ja ‚der‘ Pfannkuchen ist. Anne ist ein Name für Mädchen.“

„Na gut. Dann nenne ich dich halt ‚Pfannkuchen‘, auch wenn das ziemlich lang und ein wenig langweilig ist.“ Das Blatt gab die Namenssuche auf.

„Dann wäre das geklärt … Blatt“, sagte der Pfannkuchen und wollte weiter gehen.

„He, warte mal!“, rief das Blatt. „Weißt du denn, wo es zum Meer geht? Ich hab mich erst heute vom Baum gelöst und hab seit dem eigentlich nur die ganze Zeit Flugübungen gemacht. Ich hab ehrlich keine Ahnung, wo man da lang muss, zum Meer.“

Der Pfannkuchen hatte genauso wenig Ahnung, aber so war er nicht drauf: „Da geht es lang.“ Er zeigte in die Richtung, in die er schon davor gegangen war. Das war natürlich total geraten. Er dachte sich einfach, dass in der Richtung, aus der er gekommen war, ja die Stadt war … und kein Meer. Also musste das Meer in der Richtung sein, aus der er nicht gekommen war. Ziemlich logisch, oder?

„Cool, dann gehen wir da lang!“, freute sich das Blatt und blieb liegen.

„Gut, dann komm mit. Kommst du?“, fragte der Pfannkuchen etwas ungeduldig.

„Ja. Warte ne Sekunde, ich brauch nur noch einen kleinen Windstoß als Starthilfe.“

„Du kannst nicht alleine losfliegen?“

„Ne.“

Der Pfannkuchen wartete. Das Blatt auch. Kein Wind kam.

„Langweilig“, sagte der Pfannkuchen. „Ja, voll“, stimmte das Blatt zu.

Der Pfannkuchen hatte eine Idee: „Soll ich mal pusten? Vielleicht geht das auch?“

„Einen Versuch ist es wert, mach mal.“ Das Blatt machte sich bereit.

Der Pfannkuchen holte tief Luft und dann pustete er so doll er konnte. Und wer hätte das gedacht, es reichte und das Blatt erhob sich in die Luft. „Jau au-au!“, rief das Blatt „Es funktioniert! Genial!“ Es drehte eine kleine Kurve, gewann an Höhe und sauste dann wieder im Sturzflug runter auf den Pfannkuchen zu. „He pass auf, dass du mich nicht erwischst!“ rief er, als das Blatt wieder kapp an ihm vorbeiflog. „Keine Angst, ich hab den Dreh schon raus!“, erwiderte das Blatt ausgelassen. „Wenn wir zusammen reisen, brauch ich nicht mehr auf Wind warten. Du bist ein Spitzenklasse-Startpuster!“ Das schmeichelte den Pfannkuchen. Es ist gut, wenn man etwas sinnvolles beisteuern kann und auch, wenn man nicht ganz alleine ist. „Okay“, sagte er daher, „dann lass uns gemeinsam zum Meer gehen.“ „Juchuu!“, rief das Blatt, „Meer, wir kommen!!!“

Die Eule auf ihrem Baum sah den beiden zu. „So ein komischer Tag“, dachte sie sich, „erst spaziert ein Pfannkuchen durch den Wald und dann noch so ein komisches Blatt.“ Dass Blätter durch die Luft fliegen, war für die Eule nichts Besonderes. Aber dass eines fast so schnell und zielgerichtet fliegen konnte, wie sie selbst, das war schon ungewöhnlich. Das musste sie unbedingt ihren Nachbarn erzählen.


Anmerkungen

  1. Wieso die Hexe eine Kuh herbeizauberte und nicht gleich eine Flasche Milch, ist und bleibt ein Hexengeheimnis. Es ist sehr praktisch zaubern zu können, aber zu einfach sollte es dann auch wieder nicht sein.
  2. Die rote Katze war eine Metakatze. Metakatzen passen auf die Geschichte auf, zum Beispiel, dass es nicht zu brutal wird für Kinder. Also ein bischen ist ok, sonst ist es langweilig. Aber zu viel ist zu viel, da muss man mal was sagen.